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Auf die Ehrwalder Sonnenspitze über die Nordseite


Beschreibung (bezieht sich auf Besteigung vom 03.07.2015)

Der Anstieg erfolgte über den Hohen Gang Steig, einem gut gesicherten Steig, der allerdings den erfahrenen Bergwanderer voraussetzt. Die Wettervorhersage war trocken, keine Gewitter, Temperaturen bis 30 Grad. So verzichtete ich zum ersten Mal auf den Anorak, was ich im weiteren Tagesverlauf schwer bereute. 5:17 startete ich an der Talstation und erreichte nach 1Std 40 Minuten den Abzweig zur Sonnenspitze. Markierungspunkte fehlten, so dass ich mich auf die ganz schwachen Pfadspuren verließ und nach ca 200 m den Aufstiegspfad entdeckt hatte. Vorbei an einem Waldhaus führt der Pfad in angenehmer Steigung durch lichten Bergwald und anschließend über Latschengelände hinauf auf die Schrofenschulter, die an das Felsmassiv heranführt. Eine Felsnase umgeht man linksseitig und steigt auf gerölligem Gelände hinauf auf den Nordgrat. Von hier aus erkennt man knapp 100 m über sich das Gipfelkreuz. Der Weg bis dahin dauert noch eine ganze Weile, denn zunächst wechselt man auf die Westseite, in der man in steilem und ausgesetztem Gelände über loses Blockwerk aufsteigt. Etwa 40 m unter dem Gipfel kommt dann ein senkrechter Felsaufbau, den man überklettern muss. Ein Klemmstein im Felsriss und ein Sicherungshaken geben etwas Aufstiegshilfe. Wenn dieser Knackpunkt überwunden ist, steht man kurze Zeit später auf dem "Tiroler Matterhorn", genießt den Rundumblick auf die herrlichen Berggipfel und bestaunt den Tiefblick auf den Seebensee, der einem direkt zu Füßen liegt. Der Drachensee mit der Coburger Hütte davor grüßen herüber und wecken Vorfreude zu einer späteren Rast. Mit der geplanten Überschreitung und dem Südabstieg wurde es allerdings nichts. Denn in kürzester Zeit drückte eine gewaltige Gewitterfront in den Ehrwalder Talkessel herein. In Windeseile stieg ich ab, um noch vor dem Unwetter in den Bergwald zu gelangen. Nachdem ich den anspruchsvollen Felsabstieg überwunden hatte, legte das Unwetter los, als ob es den Berg wegblasen wollte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich an den Wegrand zu pressen und zu hoffen, dass der Spuk so schnell vorüberziehen möge, wie er aufgetaucht war. Hagel und Starkregen wechselten sich ab, gewaltige Blitze und Donnerschläge hallten von den Bergwänden (Drüben an der Roten Flüh verletzte zur selben Zeit ein Blitzeinschlag vier Bergsteiger schwer). Mitten in dem Getöse erhob sich vom Gipfelaufbau her ein gewaltiges Toben und eine mächtige Steinlawine wurde von den Wassermassen die Steilrinne hinabgerissen. Nachdem kein Faden mehr an mir trocken war, stieg ich im Platzregen weiter ab, so schnell wie möglich und so vorsichtig wie irgend möglich. In Gedanken war ich bereits am Waldhaus, an dem ich meine Kleidung durch trockene Klamotten aus dem Rucksack austauschen wollte, als es mir an einer steinigen Felspassage die Füße wegzog und ich ca 8 m tief auf das Latschenfeld knallte. Abschürfungen und Prellungen, eine Platzwunde an der Schläfe, aber nichts gebrochen! Rucksack und Helm hatten den Sturz gemildert. 20 Minuten später wechselte ich am Waldhaus die Kleidung und mit ihr erwärmte sich der Körper wieder. Den weiteren Abstieg wählte ich über Seeben- und Ehrwalder Alm auf dem Spazierweg. Auf den Abstieg über den Hohen Gang Steig verzichtete ich, da die Felsen und Wegpassagen durch das Gewitter sehr rutschig geworden waren.

Route

Hier die Tourdaten:

Gesamtlänge mit Umweg über die Ehrwalder Alm 17,173 km, zurückgelegte Höhenmeter 1316 m, Zeitaufwand ohne Pause für den Aufstieg gut 4 Std, Abstieg im Unwetter mit Pausen insgesamt bis zur Waldhütte zwei Stunden, Rückkehr zur Talstation der Almbahn 1 1/4 Std.

Der Aufstieg über den Hohen Gang Steig bis zum Abzweig Sonnenspitze 1 1/2 Std, Aufstieg auf die Sonnenspitze zuerst durch den Bergwald. dann über freies Wiesengelände, später auf der Schrofenschulter an den Felsaufbau heran und auf kurzen Schotterkehren bis auf den Nordgrat. Von hier aus wird die Tour bis zum Gipfel recht anspruchsvoll. Das Felsmassiv ist steil abfallend, die Wandstruktur sehr bröselig. Dieses Klettergelände ist für Bergwanderer zu anspruchsvoll. Das Kletterstück kurz unter dem Gipfelkreuz erfordert Armkraft und Klettererfahrung. Als Lohn steht man dann wenige Minuten später auf dem Gipfel. Der Blick von dort die Nordseite hinab sieht von oben schlimmer aus als der Abstieg in Wirklichkeit ist. Eigentlich hätte ich zusammen mit zwei jungen Kletterdamen den Südabstieg bevorzugt, aber die Gewitterfront warf mir den Plan um. Denn ein vertrauter Weg, auf dem ich aufgestiegen war, schien mir sicherer zu sein, wenn mich das Gewitter erwischen sollte, als ein unbekanntes Abstiegsterrain. An dieser Stelle einen herzlichen Gruß an die beiden Bergsteigerinnen,  mit der Hoffnung verbunden, dass sie heil und rechtzeitig vom Berg heruntergekommen sind.

Bei gutem Wetter ist die Sonnenspitze ein lohnendes Ziel für erfahrene Tourengeher, denen Tiefblicke und Gratüberschreitungen keine Probleme machen und die eine fundierte Klettererfahrung mitbringen.

Anfahrt

Anfahrt von Garmisch auf der B187 nach Ehrwald, von Reutte über die B179 nach Lermoos und Ehrwald. In Ehrwald der Beschilderung zur Ehrwalder Alm Bahn folgen und auf der Dr. Ludwig Ganghofer Straße bis zur Talstation fahren. Dort stehen genügend kostenlose Parkplätze zur Verfügung.