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Hohe Geige


Beschreibung (bezieht sich auf Besteigung vom 04.09.2014)

Auf die Hohe Geige führen zwei Wege:

Normalweg von der Rüsselsheimer Hütte nach Osten ins Kar und dann nach Norden hinauf auf steilen, brüchigen Bändern hinauf zum Kar unterhalb des Geigengipfels. Der Aufstieg ist stark steinschlaggefährdet.

Über den Westgrat von der Rüsselsheimer Hütte auf den 2648m hohen Gahwinden, einen schönen Aussichtspunkt. Von hier steigt man dann gegen Osten auf die zunächst breite Westschulter, dann über Blockwerk auf der Gratkante über mehrere Bergspitzen hinauf, bis dann Drahtseilsicherungen den Aufstieg sichern. Diese schwierigste Phase verlangt Armkraft, Schwindelfreiheit und Kletterfähigkeiten (Schwierigkeit II - III-). Nach dieser Schlüsselstelle treffen Gratweg und Normalweg zusammen. Von hier aus geht es durch ein kleines Schneefeld nach Nordosten und über Geröll hinauf zum Gipfelkreuz.

Als Anstiegsweg wählte ich den Westgrat, als Abstiegsvariante hielt ich mir den Normalweg offen. Leider hatte es den Tag vorher auf den Berggipfeln des Pitztals geschneit, so dass ich sicherheitshalber Eispickel, Steigeisen und Gamaschen im Rucksack mitführte, eine richtige Entscheidung, wie sich später zeigte. Vom Parkplatz an der Straße stiegen wir in 1 3/4 Stunden zur Rüsselsheimer Hütte auf. Die Hütte ist bereits beim Start vom Parkplatz aus sichtbar. Der Bergpfad schwingt sich in angenehmen Serpentinen links vom Kitzlesbach hinauf zur Hütte. Nach einer kurzen Kaffeepause brach ich zur Hohen Geige auf, denn das Wetter zog sich zu und ich wollte, solange wie möglich eine brauchbare Sicht haben. Kurz vor Gahwinden traf ich auf eine Herde junger Steinböcke, die mich neugierig betrachteten und sehr nahe heranließen, bevor sie sich höher hinauf verzogen. Nach kurzer Essensrast auf der Aussichtsrampe ging ich den Westgrat an. Anfangs ist der Gratanstieg breit und gut begehbar, nach der ersten Bergkuppe beginnt die Kletterei über grobes Blockwerk, die sich, je mehr Bergköpfe man überstiegen hat, allmählich steigert. Die Gratschneide wird schmäler, die Wegführung erforderte auch den Einsatz der Hände. Ab 3000 m war vom Pfad nichts mehr zu sehen, da die Schneedecke ihn verbarg. Die Felsblöcke waren rutschig und teils mit Eis überzogen. Zwei Absteiger berichteten, dass im oberen Kar überhaupt keine Sicht mehr sei, weshalb sie über den Westgrat abstiegen, den sie bereits als Aufstiegsvariante gewählt hatten. Der Normalweg sei zugeschneit, die Steilheit extrem und ohne Eispickel entschieden sie sich für den Westgrat als die leichtere Variante.

Ab den Drahtseilversicherungen wurde der Aufstieg sehr schwierig, denn die Felsen waren vereist. Eine etwa 10m fast senkrechte Felsplatte wäre ohne das dort befestigte Drahtseil bei diesen vorherrschenden Wetterbedingungen nicht überwindbar gewesen. Die letzten Bergspitzen auf dem Westgrat waren sehr schmal und schneebedeckt. Ohne Eispickel wäre ich an dieser Stelle umgekehrt. Da ich aber den Normalweg absteigen wollte, ging ich weiter, bis ich an den Abzweig kam. Hier in 3241m verzichtete ich auf die letzten 150 Höhenmeter bis zum Gipfel, weil man nur knapp 5 m weit sah, und ich stieg in die unangenehm steile Abstiegsrinne ein. Ich orientierte mich an den roten Markierungspunkten und den Steinpyramiden und erreichte unter Zuhilfenahme des Eispickels nach zwei schwierigen Stunden ohne Abrutschen die Karsohle. Von hier bis zur Hütte  ist es wieder eine Bergwanderung, ebenso der Abstieg ins Tal.

Westgrat und Normalweg sind alpine Höhenwege, die nur von erfahrenen Bergwanderern bestiegen werden sollten, wenn gutes Wetter und trockene Verhältnisse an der Hohen Geige gegeben sind. Die heutigen Bedingungen machten die Bergtour zu einem sehr schwierigen Unternehmen.

Route

Hier die Tourdaten in der Zusammenfassung. Zurückgelegte Gesamtstrecke: 14,603 km; Höhenmeter ohne Gegenanstiege am Westgrat: 1626

Aufstieg insgesamt 6 Stunden: Parkplatz-Rüsselsheimer Hütte: 1 Std 45 Min.; Hütte-Gahwinden: 1 Std.; Gahwinden-oberes Kar (150m unter Gipfelkreuz): 3 Std;

Abstieg insgesamt 4,5 Std auf Normalweg zur Hütte: 2 Std 45 Min.; Hütte-Parkplatz: 1 Std 45 Min;

Bis zur Rüsselsheimer Hütte handelt es sich um eine leichte Bergwanderung, bis zur Aussichtshöhe Gahwinden eine Tour für schwindelfreie, ausdauernde Bergwanderer. Westgrataufstieg ist bei guten Wetterbedingungen für wirklich erfahrene Bergwanderer machbar, wenn sie die nötige Kraft besitzen, an den Drahtseilpassagen hochklettern zu können. Auch sollte man nicht die Kletterei direkt am Grat unterschätzen, die absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit voraussetzt. Vor allem die Kletterei über längere Zeit erfordert ständige Konzentration. Wenn die Wetterverhältnisse wie am Tourentag feucht und die Sicht eingeschränkt ist, dazu leichter Schneefall die Felswände mit Eis überzieht, ist der Westgrat für Bergwanderer zu gefährlich. Auch die von mir gewählte Abstiegsvariante, der Normalweg, wäre ohne den mitgeführten Eispickel ein sehr riskantes Abstiegsunternehmen gewesen. Erfahrungsgemäß wäre auch der Abstieg über den Westgrat bei den schlechten Wetterverhältnissen ebenso schwierig wie der Normalweg gewesen, wobei der Normalweg die kürzere Abstiegsvariante ist. Zusammenfassend lässt sich über die beiden Anstiegswege auf die Hohe Geige sagen, dass beide Anstiege recht hohe Anforderungen an den Bergwanderer stellen.

Anfahrt

Von Imst führen zunächst zwei Straßen ins Pfitztal. Welche man auswählt, ist egal, da beide Straßen hinter dem Ort Jerzens zusammenführen. Über den Hauptort St. Leonhard, der auf der Umgehungsstraße umfahren wird, fährt man durch mehrere kleine Teilorte bis kurz vor Plangeross. Etwa 500 m vor dem Ort ist rechts neben der Straße ein Schotterplatz als kostenloser Parkplatz angelegt, der für die Besucher der Rüsselsheimer- und der Kaunergrathütte vorgesehen ist. Von hier führen die Wegmarkierungen den Bergwanderer hinauf zu seinen Hüttenzielen.

Die angegebene Nördliche Breiten- und Östliche Längenkoordinaten beziehen sich auf den Abstiegspunkt und sind nicht die Koordinaten der Hohen Geige (N:47-0-19/O:10-54-28).